Das Burnout-Syndrom eine falsch verstandene Stress-Erkrankung

Das Manager Magazin hat schon im September 2011 unter dem Titel „Milliardenschäden durch Stress im Job“ darauf hingewiesen, dass Burnout-Syndrome in den Jahren 2004-2010 um das 10-fache zugenommen haben. Allein durch den Produktionsausfall entstehen nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes und der Betriebskrankenkassen jährliche Kosten von 53 Milliarden Euro. Die Bundesregierung hat im Rahmen einer kleinen Anfrage am 30.04.2012 den volkswirtschaftlichen Schaden, basierend auf Zahlen aus dem Jahre 2008, mit 99,6 Milliarden Euro beziffert. Diese Zahlen sind nur andeutungsweise richtig, denn das Burnout-Syndrom ist keineswegs die einzige Stresserkrankung.

Würde man berücksichtigen, dass nach einer Studie der Stanford Universität Kalifornien ca. 90-95 % aller chronischen Zivilisationserkrankungen stressbedingter Natur sind, würde der volkswirtschaftlichen Schaden, der durch weitere typische Stresserkrankungen wie Myokardinfarkt, Koronare Herzerkrankung, Schlaganfall, Diabetes mellitus, Hypertonie, Stress-Depression und viele mehr verursacht wird, sicherlich mehrere 100 Milliarden Euro betragen.

Chronischer Stress beginnt in unserem Gehirn

Weder der Begriff Stress noch das Burnout-Syndrom sind eindeutig definiert bzw. als solche allgemein medizinisch anerkannt. 

Die Forschungsergebnisse der Stress- und Hirnforschung belegen allerdings unzweifelhaft, dass chronischer Stress jedweder Art, gegebenenfalls forciert durch genetische oder epigenetische Faktoren, evtl. auch verstärkt durch spezifische, sozialisationsbedingte Persönlichkeitsfaktoren (Perfektionsstreben, hoher Ehrgeiz, Verausgabungsbereitschaft, unzureichende Distanzierungsfähigkeit etc.) die Hauptursache einer großen Zahl von chronischen Zivilisations-Erkrankungen und einer damit einhergehenden, deutlichen Reduzierung der Lebenserwartung ist.

Die Tatsache, dass diese z.T. schon 30 Jahre alten Forschungsergebnisse dem Gros der Mediziner nicht bekannt sind, verwundert nicht.
Wie schon Max Planck konstatierte, müssen bis zur Anerkennung neuer Forschungsergebnisse und ihrer Umsetzung in die medizinische Praxis nicht nur die aktuellen Professoren, sondern auch ihre Schüler verstorben sein.

So wird verständlich, dass der durchschnittliche Allgemeinmediziner oder Internist die eigentlichen Hintergründe für die Entwicklung von Burnout-Syndromen oder auch ihre Frühsymptome nicht kennt und nach in der Regel unauffälliger Standarddiagnostik (Labor, EKG, körperliche Untersuchung Ultraschallbefunde etc.) die Betroffenen zum Psychiater überweist, der ebenfalls weder in der Pathophysiologie noch der Diagnostik chronischer Stresserkrankungen bewandert ist.

Dieser diagnostiziert in aller Regel eine depressive Erkrankung und verschreibt den Betroffenen ein Antidepressivum. Eine Vielzahl von Ärzten ist sogar der Überzeugung, dass das Burnout-Syndrom die Folge einer Depression sei.

Diese Fehleinschätzung beruht auf unzureichender Kenntnis der pathophysiologischen Abläufe bei chronischen Stresskonstellationen und verhindert bedauerlicherweise eine Therapie, die an den eigentlichen Ursachen dieser Erkrankung ansetzt. Eine medikamentös antidepressive Therapie aber ist rein symptomatischer Natur und kann die eigentliche Ursache dieser Erkrankung nicht beseitigen!

Dass die Depression nicht die Ursache des Burnout-Syndroms ist, zeigt der in der Regel phasenhafte Ablauf der Erkrankung, bei der es schon zu Leistungsminderungen und Erschöpfungszuständen kommen kann, obwohl depressive Phasen oder Zustände vollkommen fehlen!
Die Depression kann höchstens die Folge einer chronischen Stresserkrankung sein und tritt meist im Endstadium des Burnout Syndroms, und dies auch keineswegs in allen Fällen, auf.
Die eigentliche Ursache der potenziellen Depression ist rein stressbedingter Natur, denn durch die chronische Überlastung des Zentralnervensystems kommt es zu gut untersuchten biochemischen Veränderungen im Hirnstoffwechsel, die zu einer drastischen Absenkung des Serotoninspiegels führen können. Diese Stoffwechselveränderungen sind seit Längerem bekannt und begründen auch die Formulierung einer sogenannten Stress-Depression.

Es gibt eine Vielzahl von sogenannten Stressoren, also Auslösern für die sogenannte Stressreaktion des Zentralnervensystems, die eine hochgradige Hyperaktivität unseres Gehirns auslösen. Während dieses im Entspannungs- und Ruhezustand nur 20 % der zur Verfügung stehenden Energie benötigt, schießt der Energiebedarf des Gehirns unter Stressbedingungen auf ca. 90 % nach oben.

Das Gehirn aktiviert umgehend das hormonelle und neuronale Stresssystem, die die Aufgabe haben, in der Körperperipherie jene Energiedepots an Glukose zu mobilisieren, die das Gehirn benötigt, um unter Stressbedingungen weiter funktionieren zu können.

Wie die neuere Hirnforschung bestätigt hat, steuert so unser Gehirn die Energieverteilung im Organismus und ist dabei sogar fähig, dem Körper Energie zu entziehen und sich in „egoistischer Weise“ zunächst primär selbst zu versorgen.

Diese komplexen Anpassungsvorgänge an eine überhöhte Energieanforderung des Zentralnervensystems können je nach Ausmaß der individuellen Stressbelastung und abhängig von genetischen, epigenetischen und Persönlichkeits-Faktoren der Boden für die Entwicklung chronischer Erkrankungen, zu denen auch das Burnout Syndrom zählt, sein.

Chronischer Stress führt nämlich im Laufe der Zeit zu strukturellen Veränderungen innerhalb unseres Gehirns, wobei, wissenschaftlich gesichert, auch Nervenzellen geschädigt werden bzw. zugrunde gehen können.

Was unter akuten Stressbedingungen lebensrettend sein kann, führt bei chronischer Stressexposition zwangsweise zur Entwicklung von Erschöpfungssyndromen und schweren chronischen Erkrankungen.

Klinische Symptomatik

Es gibt eine Reihe charakteristischer Symptome und Entwicklungen, die typischerweise Folge chronischer Stressbelastungen sind. Dazu gehören:

  • Schlafstörungen
  • Gedächtnis und Konzentrationsstörungen
  • Körperliche und mentale Leistungsminderung bis hin zu schwerer Erschöpfung
  • Belastungsabhängige Verschlechterung des Befindens
  • Ständige Müdigkeit
  • Erhöhte Infektanfälligkeit
  • Störungen der Libido, Erektionsstörungen, Menstruationsstörungen
  • Hypotone Kreislaufdysregulation
  • Heißhungerzustände, Hypoglykämien
  • Kopfschmerzen, Migränesyndrom
  • Tinnitus
  • Muskelschmerzen bis hin zur Fibromyalgie
  • Irritationen des Magen-Darmtraktes (Reizdarm, Refluxösophagitis, Dysbiose, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Histamin Intoleranzen etc.)
  • Erhöhte Entzündungstendenz an Muskeln, Sehnen, Bändern und Gelenken
  • Entwicklung eines chronischen Schmerzsyndroms
  • Depressive Verstimmungen bis hin zur manifesten Depression
  • Angst und Panikattacken
  • Schwindel, Gleichgewichtsstörungen
  • HWS-, BWS- und LWS- Syndrome
  • Gewichtszunahme

Diagnostik der chronischen Stressbelastung

Ich habe in den letzten 10 Jahren hunderte von Patienten mit Burnout-Syndromen untersucht und behandelt. Jede dieser Krankengeschichten ist individueller Natur und dennoch finden sich immer wieder charakteristische Hinweise, die schon eine ausführliche Stress-Anamnese, die von herausragender Bedeutung ist, an den Tag bringt.

Dies kann mit einer Stress-belasteten Schwangerschaft der eigenen Mutter beginnen, denn diese führt zu Veränderungen im Gehirn des ungeborenen Kindes, die eine verringerte Stresstoleranz und eine erhöhte Stresssensitivität des ungeborenen Kindes mit sich bringen und lebenslang bestehen bleibt. Das Gleiche kann durch frühkindliche Traumatisierungen (Krankenhausaufenthalt ohne Begleitung der Mutter, nächtliches Durchschreien lassen, frühkindlicher Missbrauch etc.) ausgelöst werden. Die strukturellen Veränderungen des Gehirns führen zu epigenetisch bedingten Veränderungen, die es den Betroffenen später nahezu unmöglich machen, sich richtig zu entspannen.

Unabhängig von einer spezifischen Stress-Anamnese, die in ihrer Wertigkeit 80 % der gesamten Diagnostik ausmacht, sind vielfältige weitere diagnostische Maßnahmen erforderlich, die eine chronische Stressbelastung der Betroffenen eindeutig sichern können.
Dazu gehören:

Der AVEM-Test der Universität Jena,

ein psychologischer Fragebogentest, mit dem sich charakteristische Verhaltens- und Erlebensmuster herausfiltern lassen, die ein erhöhtes Erkrankungs- und Burnout-Risiko mit sich bringen.

Die Untersuchung des Stoffwechsels mittels indirekter Kaloriemetrie

mit der sich in der Regel ein erhöhter Ruheumsatz, eine erhöhte Atemfrequenz und eine reduzierte Sauerstoffauswertung nachweisen lassen.

Die Untersuchung der Herzratenvariabilität mittels HRV-Test,

die in der Regel schwer eingeschränkte Funktion des autonomen Nervensystems, eine typische Folge chronischer Stressbelastungen, nachweisen kann. Hierzu wird der sogenannte Kurztest und der besonders aussagekräftige 24 Stunden oder 72 Stunden HRV-Test durchgeführt, der noch dazu wichtige Aussagen zur Schlafqualität der Betroffenen machen kann.

Die Body Impedanz Analyse (BIA)

gibt Auskunft über die Verteilung der Körperkompartimente (Fett- Muskelanteil, Wasserhaushalt) und kann schon frühzeitig Aussagen über eine gestörte Zellfunktion machen.

Das quantitative EEG (QEEG)

ist eine besondere Form des Elektroenzephalogramms, mit dem die aktuellen Hirnfrequenz-Muster in Form einer Brain-Map dargestellt werden können. Auch dann, wenn subjektiv kein Gefühl von chronischer Stressbelastung besteht, können hier eindeutig stressbedingte Hyperaktivitäten, Störungen der sogenannten Kohärenz der Hirnabschnitte u.a. Funktionsstörungen, gesichert werden.

Der CHV-Test

sichert das Vorliegen einer chronischen Hyperventilation, wie sie sich bei einem Großteil der Betroffenen nachweisen lässt. Allein dieser Atemtyp, der auf einer unbewussten Verkrampfung des Zwerchfells beruht, kann zu gravierenden Stoffwechsel-Veränderungen, einer schlechteren Sauerstoffversorgung der Organe, einer generalisierten Gefäßverengung und damit zu einer verminderten Leistungsfähigkeit führen.

Die Spiroergometrie inkl. Laktatstufentest

Mit diesem Untersuchungsverfahren kann die körperliche Leistungsfähigkeit eines Betroffenen und seine gegebenenfalls ventilatorische oder metabolische anaerobe Schwelle sicher festgestellt werden wobei auch Hinweise auf Mittelhirnareale Funktionsstörungen gefunden werden. So kann ein individuell adaptiertes körperliches Training festgelegt werden, das für die Gesunderhaltung gefährdeter Personen von entscheidender Bedeutung sein kann. So können Trainingsformen verhindert werden, die gegebenenfalls gesundheitsschädlich wirken könnten

Bei 60-70% der Patienten mit Burnout-Syndrom finden sich charakteristische genetische Variationen, die die Entwicklung dieser Erkrankung entscheidend fördern können. Ihre Kenntnis macht verständlich, warum einzelne Personen unter gleichen Belastungsfaktoren krank werden, andere aber nicht.
Die Bestimmung dieser genetischen Variationen ist sowohl
präventiv als auch therapeutisch von herausragender Bedeutung, denn es besteht die Möglichkeit, sie durch therapeutische Intervention zu kompensieren und damit
ihrem krankheitsfördernden Charakter entgegenzuwirken.
Das genetische Programm berücksichtigt dabei Gene, die 3 verschiedenen Gruppen zugeordnet werden können.

Stress-Gene:

Heterozygote oder homozygote Variationen der Catechol-O-Methyltransferase (COMT),
des Glukokortikoidrezeptors (GR) oder des FKBP5 Proteins.

Diese Gene führen zu einer deutlichen Erhöhung der
zentralnervösen Hyperaktivität und damit zu einer chronischen Aktivierung des Stresssystems.

Antioxidative Gene:

Heterozygote oder homozygote Variationen der
Superoxiddismutase 2 oder der Glutathion Peroxidase.
Solche Konstellationen erhöhen die Gefahr zellulärer Funktions-Störungen und zellulärer Strukturschäden durch Sauerstoff- oder Stickstoffradikale, die besonders bei stressbedingter Hyperaktivität des Zentralnervensystems oder COMT-Polymorphismus deutlich vermehrt gebildet werden.

Gene der Phase I - und Phase II Entgiftungsenzyme:

Bei Störungen der Entgiftung kommt es zur vermehrter Giftstoffeinlagerung und sekundär vermehrter Sauerstoffradikal Bildung bei z.B. gleichzeitiger Störung der Schwermetallentgiftung.

Stress-spezifische Labordiagnostik

Die üblicherweise durchgeführte Standard-Labordiagnostik trägt ganz wesentlich mit dazu bei, dass diese Erkrankung nicht richtig verstanden wird, weil diese Laborstandards in 98 % der Fälle völlig unauffällig sind. Erst wenn die Diagnostik auf molekularbiologische, hormonelle, immunologische und neurobiologische Veränderungen ausgedehnt wird, findet sich eine Vielzahl charakteristischer, Stress-spezifischer Laborparameter.
Zu ihnen gehören:

  • Erhöhtes Interleukin 6 und Interleukin 1 Beta
  • Reduzierte NK-Zellgrundaktivität
  • Abgeflachte oder im Frühstadium überhöhte Kortisoltageskurve im Speichel.
  • Pathologische Cortisol Awakening Response (CAR)
  • Verminderter Adrenalinspiegel, später auch Noradrenalinspiegel, pathologische Noradrenalin/Adrenalin Ratio
  • Verminderter DHEA-Spiegel
  • Pathologischer Homa-Score mit erhöhtem Insulinspiegel und beginnender Insulinresistenz
  • Erhöhte Lipidperoxide
  • Erhöhtes oxidiertes LDL-Cholesterin
  • Erhöhte DNA Oxidation
  • Erhöhte Nitrotyrosin- ,4-Hydroxyniptrophenylsäure- oder Citrullin-spiegel
  • Erhöhte Methylmalonsäure (Zeichen für intrazellulären Vitamin-B12-Mangel)
  • Testosteronmangel oder pathologische Östradiol/Progesteron Ratio
  • Pathologischer Omega 3-Index
  • 25 (OH) Vitamin-D (Calcidiol)-Mangel
  • Mangel an Magnesium, Natrium, Kalium, Zink, Selen,Kupfer, Molybdän oder Mangan
  • Erniedrigter BDNF (Brain-Derived-Nervegrowth-Faktor) als Zeichen der potentiellen Hippocampusatrophie
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten vom Typ IgG/IgG 4
  • Störungen des Tryptophanstoffwechsels mit pathologisch erhöhten Kynureninen (Xanthurensäure, Cholinssäure)
  • ATP Mangel als Hinweis auf mitochondriale Dysfunktion

Eine wirksame Therapie des Burnout-Syndroms setzt sich aus folgenden Teilen zusammen:

1. Medikamentöse Therapie

2. Ernährungsumstellung

3. Pacing und Körperliche Aktivierung

4. Downregulation der Überlastung des Zentralnervensystems (ZNS)

5. Neurofeedbacktherapie - optional

6. Coaching - Therapeutische Intervention - optional

Die Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie mit überwiegend natürlichen Substanzen ist wichtig, hilfreich und notwendig, besonders wenn es um den Ausgleich erheblicher Mangelzustände und die Neutralisation oxidativer, zelldestruktiver Prozesse geht. Gerade auch der Einsatz von Stoffen, die die Hyperaktivität des Zentralnervensystems (ZNS) und damit die chronische Stressreaktion des ZNS reduzieren können, ist hier von entscheidender Bedeutung. Immunstimulierende Substanzen müssen besonders bei Patienten mit erhöhter Infektanfälligkeit eingesetzt werden, obwohl sie in der Regel nur unzureichend fähig sind, die negativen Einflüsse einer chronischen Aktivierung des sympathischen Nervensystems (SNS) auf das Immunsystem tatsächlich zu beseitigen, denn eine Normalisierung der Immunfunktion kann letztlich nur durch Methoden erreicht werden, die der chronischen, immun destruktiv wirkenden Sympathikus-Aktivierung ein Ende setzen.

Besonders bedeutsam ist die Behandlung von Schlafstörungen, die ja der notwendigen Regeneration des Zentralen Nervensystems im Wege stehen. Auch stressbedingte Hormon - Dysbalancen sollten ausgeglichen werden und können ganz wesentlich zu einer Befindensverbesserung beitragen. Das Gleiche gilt für häufig vorzufindende Verdauungsstörungen und Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Viele der Patienten können schon allein durch medikamentöse Therapie eine wesentliche Verbesserung ihres Befindens und eine Steigerung ihrer körperlichen und mentalen Leistungsfähigkeit erfahren.

Ernährungsumstellung

Aufgrund der häufig vorzufindenden mitochondrialen Funktionsstörung ist eine kohlenhydratarme, an gesunden Fetten und Eiweißen reiche Kost (LOGI-Diät) anfänglich in aller Regel sehr sinnvoll. Mitochondrien sind kleine Organellen, die in jeder Zelle die notwendige Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat) aus der Verstoffwechslung unserer Nahrung produzieren. Sie können unter chronischen Stressbedingungen eine so genannte Kohlenhydratintoleranz entwickeln. Es gibt allerdings auch Patienten, die wegen ihres großen Heißhungers und nächtlicher Hungerattacken einen sehr hohen Glucosebedarf haben. In diesen Fällen müssen häufigere kleine Mahlzeiten zugeführt werden, die durchaus auch Kohlenhydrate enthalten können. Es ist besonders darauf zu achten, ob nach solchen Mahlzeiten eine zusätzliche Ermüdung auftritt, was auf eine Kohlenhydratintoleranz hinweist. Natürlich müssen gesicherte Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten berücksichtigt werden. In nicht wenigen Fällen kann auch eine glutenfreie Kost das Befinden der Patienten deutlich verbessern.

Pacing und körperliche Aktivierung

Es ist von außerordentlicher Bedeutung, dass Patienten mit Burnout-Syndrom die Einschränkung ihres energetischen Niveaus sowohl auf körperlicher als auch mentaler Ebene akzeptieren. Dies bringt mit sich, dass sowohl körperliche als auch mentale Belastungen nicht so intensiv sein dürfen, dass Sie einen wie auch immer gearteten Erschöpfungszustand oder eine Verschlechterung des Befindens mit sich bringen. Als Grundregel kann gelten, dass man sich nach einer körperlichen oder mentalen Aktivität genauso fühlen muss wie davor. Wer über diese Grundregel hinausgeht, trägt zu einer möglichen Progredienz der Erkrankung bei und kann mitunter massive Verschlechterungen des energetischen Niveaus, die über Tage anhalten können, auslösen. Darum ist es sehr sinnvoll, die körperliche Belastbarkeit infolge einer durchgeführten Spiroergometrie inkl. Laktatstufentest individuell 8 abzuklären und einen passenden Trainingsplan zu entwickeln. Die vorgegebenen Belastungsstufen können dann z.B. über eine Pulsuhr kontrolliert werden.

Downregulation der Übererregung des Zentralnervensystems (ZNS)

Von zentraler Bedeutung ist der Einsatz von Techniken und Methoden, die man mit dem Begriff Achtsamkeitsarbeit zusammenfassen kann. Eine Vielzahl von wissenschaftlichen Arbeiten konnte belegen, wie stark z.B. die Anwendung der Achtsamkeitsmeditation evtl. kombiniert mit sanften Yogaformen, wie man sie im MBSR- ( Mindfulness Based Stress Reduction) Training nach Prof. Kabat Zinn anwendet, zu einer Verbesserung bestimmter Gehirnfunktionen, einer Reduktion der Überaktivität des sympathischen Nervensystems, einer Regeneration der Parasympathischen Bremsfunktion und einer deutlichen Verbesserung der Immunfunktion führen kann.

Die Untersuchungen der Psychologin Dr.Britta Hölzel an Probanden, die ein 8-wöchiges MBSR Training mitgemacht haben, konnten dies im Funktions-MRT (Magnetresonanztomographie) des Gehirns eindrucksvoll untermauern. Dabei konnte ein Rückgang der Vergrößerung des Mandelkerns, eine Rückbildung der stressbedingten Verkleinerung des Hippocampus, der für Entspannung und Kurzzeitgedächtnis zuständig ist,und sogar eine Zunahme der grauen Substanz des Gehirns nachgewiesen werden. Wir haben also hier das erstaunliche Phänomen, dass mit bestimmten meditativen Techniken, die Struktur des Gehirns zum Positiven hin verändert werden kann.

Mit der Achtsamkeitsarbeit, die eng mit bewusster Atmung gekoppelt ist, können Menschen mit hoher Stressbelastung die notwendige geistige Distanz zu quälenden und Stress-erzeugenden Gedanken gewinnen und ganz generell ihr Gehirn nach und nach in einen Zustand bringen, der die chronische Hyperaktivität und damit die chronische Stressreaktion reduziert bzw. beseitigt. Ebenso hilfreich können dabei Methoden wie Qi Gong oder Tai-Chi sein, sie werden aber nur dann von bleibender Wirkung sein, wenn man die erlernte Achtsamkeit in den Alltag überträgt und so ein erhöhtes Bewusstsein für all seine Alltagsaktivitäten gewinnt. In aller Regel müssen Betroffene mit hoher Stressbelastung diese Übungen nicht nur regelmäßig, sondern letztlich Lebens-begleitend durchführen, wenn sie die Entwicklung chronischer Erkrankungen verhindern wollen.

Auch Atemtherapeutische Maßnahmen und die Verwendung von Trance-CDs, die das Phänomen der Neuroplastizität des Gehirns nutzen, können sehr hilfreich sein. Unter Neuroplastizität versteht man die Fähigkeit des Gehirns, auf wiederholte , immer wiederkehrende und gleichartige Informationen und Stimuli mit strukturellen Veränderungen zu reagieren. Solche Informationen werden im Zustand der Trance besonders intensiv aufgenommen. Bei täglicher Anwendung von Trance-CDs kann so die Hyperaktivität des Zentralnervensystems nach und nach deutlich reduziert werden, was durch Funktions-MRT Untersuchungen auch belegt ist.

Mittels Atemübungen in Form tiefer und langsamer Bauchatmung kann vor allem auch das in der Regel völlig erschöpfte Parasympathische Nervensystem nach und nach wieder aktiviert werden. Man muss sich bewusst sein, dass eine Heilung nur dann möglich ist wenn die in der Regel vorzufindende chronische Sympathikotonie durch ein wieder verstärktes Parasympathisches Bremssystem reduziert bzw. beseitigt wird

Neurofeedback-Therapie

Neurofeedback ist eine computergestützte Trainings- und Behandlungsmethode, mit der man die Charakteristik der eigenen Gehirnaktivität, die man üblicherweise ja nicht wahrnimmt, darstellt und durch bestimmte Übungen verändert. So kann z.B. die stressbedingt überhöhte Aktivität des Gehirns durch entsprechende Übungen im Verlaufe mehrerer Trainingssitzungen so stark reduziert werden, dass stressbedingte Symptome wie Schlafstörungen oder depressive Verstimmungen nicht nur deutlich gebessert, sondern auch völlig beseitigt werden können. Dieser therapeutische Erfolg hat in der Regel bleibenden Charakter, da er auf der Fähigkeit des Gehirns, auf Wiederholungen mit strukturellen Veränderungen zu reagieren, beruht. Dies ist besonders dann hilfreich, wenn die eigentlichen Stressoren, die das Gehirn in diesen Zustand manövriert haben, unbekannter Natur sind. Eine solche Konstellation liegt bei etwa 70% jener Betroffenen vor, die unter chronischem Stress stehen. Eine Harmonisierung pathologischer Gehirnaktivitäten kann so auch ohne eine Analyse der eigentlichen Hintergründe solcher Entwicklungen erreicht werden. Neben der eher medizinischen Anwendung wird Neurofeedback auch für Tiefenentspannung und Meditation und zur Leistungssteigerung ( peak performance training) eingesetzt.

Hirnaktivität rechts vor , links nach Behandlung

Coaching - Therapeutische Intervention

Nicht in jedem Fall ist eine therapeutische Intervention erforderlich. Besonders bei intensiver Ausprägung krankmachender Persönlichkeitsstrukturen, wie sie durch den AVEM-Test belegt werden können und bei einer traumatischen Genese der pathologischen Stressbelastung i.S. eines Posttraumatischen Belastungs-Syndroms sollte eine zusätzliche therapeutische Unterstützung 10 angestrebt werden. Sehr hilfreich sind hierbei hypnotherapeutische Ansätze, da sie den Patienten in engeren Kontakt mit seiner Intuition und damit seinem Unbewussten bringen. Erfahrungsgemäß sind sie rein analytischen Therapiemethoden vorzuziehen. Dasgleiche gilt für zusätzliche, körperorientierte Therapieansätze, die mitunter einer alleinigen gesprächstherapeutischen Aufarbeitung traumatischer Erfahrungen überlegen sein können. 

Ist eine Prävention des Burnout Syndroms möglich und wie müsste sie aussehen?

Angesichts der in der Einleitung genannten Zahlen muss die Prävention des Burnout Syndroms u.a. chronischer Stresserkrankungen ganz in den Vordergrund gestellt werden. Besonders jene Personengruppen, die große Verantwortung zu tragen haben und deshalb besonders gefährdet sind, eine chronische Stresserkrankung zu entwickeln, sollten durch frühzeitige und gründliche Untersuchung Ihres individuellen Erkrankungsrisikos der Entwicklung chronischer Erkrankungen und damit auch des Burnout-Syndroms vorbeugen. Denn zweifelsohne kann in den Frühstadien der Erkrankung, die sich durch die o.g. Frühsymptome ankündigen kann, durch entsprechende Aufklärung und therapeutische Intervention die Entwicklung eines Burnout-Syndroms oder anderer Stresserkrankungen verhindert werden.